Letztes Jahr habe ich mich gründlich auf den IPv6 Datei am 6. Juni vorbereitet. Alle Switches, den Router und die Computer wurden umgestellt, es wurde ein Dual-Stack Netzwerk aufgesetzt und alle Geräte nutzen seither primär die IPv6 Infrastruktur. Natürlich gibt noch immer ein paar Geräte, die keinen IPv6 Stack mitbringen, zum Beispiel die alten, schnurlosen SIP Telefone. Da vom Netzwerk eben auch IPv4 noch unterstützt wird, können diese Geräte weiter genutzt werden. Das geschieht so transparent, dass der normale Anwender eigentlich die Nutzung von IPv6 und IPv4 gar nicht merkt. Messungen zeigen, dass seither so etwa 80% meines lokalen Netzwerkverkehrs über IPv6 abgewickelt werden. Ein Grund dafür ist allerdings der installierte Web-Cache squid
, der auch für nur IPv4 Webseiten über IPv6 angesprochen wird und dann die Protokollumsetzung durchführt.
Doch seit einigen Tagen scheiterte mein iMac am IPv6 Protokoll.
Was ist geschehen?
Bei meiner täglichen Nutzung des iMac fiel mir auf, dass der Zugriff auf die Webseiten unterschiedlicher Anbieter, insbesondere aber auch Facebook langsamer wurden. Die Ursache war unklar, doch das Symptom wurde immer auffälliger. So sehr, dass ich eines Tages entschlossen war, diesem Problem auf die Schliche zu kommen, um die Ursache abzustellen.
Nach ein paar ifconfig
, netstat
und ping6
Aufrufen wurde dann deutlich, dass der iMac auf seinem en0
LAN Interface die IPv6 Konfiguration verloren hatte. Probleme mit dem en0
Interface kannte ich bereits aus den Beta-Phasen von OSX Mountain Lion. Damals wurde das angeschlossene Netz durch den Treiber nicht erkannt, aber ein ifconfig en0 down
und ein nachträgliches ifconfig en0 up
das Problem verschwinden lassen. Auch ein Lösches und erneutes Anlegen des Interfaces aus der Netzwerkkonfiguration habe ich ausprobiert.
Dieses Mal aber hat das alles nicht geholfen. Die Konnektivität wurde erst wieder hergestellt, nachdem ich das Wifi Interface aktiviert habe. In diesem Moment wurden nicht nur dem en2
sondern auch dem en0
Interface wieder IPv6 Adresse und Präfixe zugewiesen.
Nach geduldigem Ausprobieren wurde deutlich, dass immer nach dem “Schlafen” des Rechners die IPv6 Konfiguration auf en0
verschwunden war und sich dann nicht wieder herstellen lies. Ärgerlicher Fehler! {“ Ein n-Wifi ist kein Ersatz für ein GBit Netzwerk. “} Nicht-Schlafen ist eigentlich aus Gründen des unnützen Energieverbrauchs auch nicht der Work-Around der Wahl, wurde aber erst einmal in Kauf genommen…
Also habe ich schnell einen Bug-Report bei Apple angelegt und auf eine neue OSX Version gehofft.
Das in der letzten Woche bereitgestellte Update auf 10.8.2 habe ich dann natürlich sofort intensiv getestet. Zu meiner großen Freude ist dieser Fehler behoben worden und nun kann ich den Rechner bei Nichtgebrauch wieder einschlafen lassen.
Ich frage mich allerdings, wie gut die Qualitätssicherung bei Apple in dieser Zeit ist. In einer Zeit, in der die letzten IPv4 Adressblöcke von den Ripes angebrochen wurden wird die korrekte Funktion der IPv6 Netze immer wichtiger. Es ist der Tag abzusehen, an dem ein System ohne IPv6 Support von Teilen des Internets ausgeschlossen sein wird.
Es ist schon schlimm genug, dass die Netzwerkanbieter IPv6 nur sehr zögerlich unterstützen und natives IPv6 nur in den seltensten Fällen bis ins Haus geliefert wird (geschweige denn von einem echten Internet per Glasfaser). Dass aber auch die OS Hersteller hier Mängel in der QS zeigen ist erschütternd. Genauso traurig ist es zu sehen, in wie wenigen Firmen noch nicht einmal lokal die Nutzung von IPv6 möglich ist. In vielen Umgebungen ist noch nicht einmal eine Vergabe Link-lokaler Adressen implementiert. Aber genug geweint…
Wer sich noch ein wenig zum Thema IPv6 informieren möchte, dem sei die CRE Folge 197 empfohlen. In einem kurzweiligen Gespräch von knapp vier Stunden werden viele Fragen zu diesem Thema beantwortet.